Die Geschichte vom Einrad, Einradhockey und RADLOS



-Erste Wettkämpfe auf einem Rad


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Das Fahrrad und die Eisenbahn


Ein eigenes Kapitel

Die Entwicklung und Verbreitung von Fahrrädern war maßgeblich vom Fortschritt der Eisenbahn abhängig. Mit der Eisenbahn können mehr Rohstoffe weiter und in kürzerer Zeit günstiger transportiert werden. Von nun an können Schmiede, Wagner und sonstige Handwerker und Bastler mit mehr und verschiedensten Materialien experimentieren. Ebenso können fertige Fahrräder weiter und günstiger an Händler und Endkunden verschickt werden.
Bis dahin haben Fahrradfabrikanten ein Fahrrad (auf Maß) erst produziert, nachdem es bestellt wurde. Nun können Händler mehrere Modelle zur Auswahl anbieten. Kunden haben ihr Fahrrad schneller.
Fahrradfahrer gibt es meist nur in den Städten, in denen es auch einen Fahrradhersteller gibt. Bzw. es wird dort produziert, wo die Nachfrage an Fahrrädern besteht, meist in Messe- und Handelsstädten, wie Stuttgart, Frankfurt, Dresden, Hannover, Braunschweig, Berlin und Leipzig.
Erst mit der Bahn und dem aufkommenden Versand können Bürger mit den eigenen Augen sehen, dass es Fahrräder überhaupt gibt. So sind Radfahrer in z.B. Hamburg, Berlin oder Frankfurt schnell kein seltenes Bild mehr, wogegen es in z.B. Hannover lange Zeit deutlich weniger Radfahrer gibt, einfach weil es im Ort keinen Hersteller gibt.
Aber nicht nur der Fahrradkunde profitiert von der Bahn, weil Fahrräder in größerer Auswahl und günstiger zu bekommen sind, auch umgekehrt, die Bahn gewinnt den Radfahrer als Fahrgast. Nach dem Motto: Mit dem Fahrrad zum Bahnhof und mit dem Zug dann weiter reisen. Sehr schnell muß die Bahn erkennen, das Radfahrer auch am Zielbahnhof noch weiter fahren möchten. Sie nehmen also ihr Fahrrad mit in die Bahn. Es kommt zu Behinderungen der anderen Fahrgäste und Beschädigungen an den Fahrrädern.
Die Bahn richtet in ihren Gepäckwagen Fahrradhalterungen ein. [550, S.117-132] Erste Gepäckwagen sind in Plänen der bayerischen Bauarten ab 1858 und in preußischen Bauarten ab 1883 zu finden. [562]
In den 1880er und 1890ern kommt es in Deutschland zu einer zweiten Welle der Gründungen von Fahrradfabriken, die z.Tl. sehr schnell zu großen Betrieben wachsen. Als die Betriebe noch Kleinbetriebe waren, war die Konsumorientierung vorrangig, was sich mit dem Übergang der Fahrradindustrie mit der Herstellung vieler Kleinteile in die Arbeitsorientierung ändert. Der Einfluß der hohen Lohnkosten überwiegt den der Frachtkosten. [550, S.119]
Auch für die Arbeitsteilung, die sich in den 1880ern und 1890ern entwickelt, spielt die Frage der Transportkosten eine Rolle. Die Rohteileindustrie siedelt sich zu einem großen Teil im Rheinland und Westfalen an, wo wichtige Rohstoffe, wie Kohle, Koks, Stahl und Eisen vorhanden sind, während wichtige Standorte der Fahrradindustrie, von Verarbeitung bis zum gebrauchsfertigen Fahrrad, in Bielefeld, Brandenburg, Chemnitz, Frankfurt und Nürnberg sind, wo sich billige Arbeitskräfte finden. [550, S.119]


Es kommt zu vielen praktischen und unbrauchbaren Ideen, Basteleien und Experimenten. Hier einige Beispiele, die auf den sich bereits durchgesetzten Pedalantrieb beruhen:
Radrennen auf Walzen und Dusche mit Pedalpumpe. Beides 1897. [B126, S.18,19]


Wasserfahrzeuge
1881 [126, S.13] 1895 [126, S.17]
1880 [126, S.14]
1895 [126, S.16] 1895 [126, S.20]



in der Luft
1885 [126, S.14] 1888 [126, S.18]
1889 [126, S.17]



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  • Frühe, vielleicht erste, Abbildung zum Kunstfahren aus einem niederländischen Ausstellungskatalog. [595, S.27,28]

  • Der 20jährige italienische Turnlehrer Alessandro Giovanni Battista Scuri meldet sein 1,16m hohes Einrad in Frankreich, Italien, England und den U.S.A. zum Patent an und stellt es vielen Radfahrvereinen vor. Es ist dem heutigen Einrad sehr ähnlich. [100, S.17][595, S.32][B404]
    Erwähnenswert ist der gefederte Sattel. Da viele der ersten Einräder aus Hochrädern gebaut wurden, war eine Lenkstange lange Zeit üblich. [persönliche Anmerkung]


    Um sein Einrad zu vermarkten, aber sicher auch weil er Spaß daran hat, präsentiert er es in Showeinlagen, die er mit dem gleichzeitigen Blasen auf zwei Trompeten und Treppen hinab fahren bereichert. [595, S.33] Er zieht sich Rock und Handschuhe an und aus. Als Höhepunkt nimmt er zwei Jungs auf die Schultern und fährt enge Kreise und Achter. [B405, S.33]
    Er gilt als der anerkannt beste Einradfahrer seiner Zeit und findet viele Nachahmer. [567, Geschichte Hochräder Einrad um 1882]
    Zu seinen Auftritten ist zu lesen:
    „Scuri fand ein enthusiastisches Publikum im Reichshallen Theater.“ [591, S.47]
    „Seine großartigen Leistungen, die er auf der Bühne meistens ohne Hände ausführt, werden vom Publikum aus Mangel an Verständnis für die große Schwierigkeit derselben, wenig gewürdigt.“ [590, S.82]
    „Wo immer Scuri auch in Europa hinging, initiierte er eine Einrad-Begeisterung.“ [595, S.33]
    →1869, →1880
    In mehreren Veröffentlichungen (Wikipedia, div. Einradbücher) wird es als das erste Einrad betitelt.
    Das Scuri Turnlehrer gewesen sein soll, hinterfragt Arne in seiner Arbeit [595, S.33,34], da in den Quellen der Bücher, in denen das steht, diese Information nicht zu finden ist. Vielleicht war es nicht sein Beruf und er war nur in einem Verein oder dergl. als Lehrkraft tätig. Das ist aber eine Spekulation von mir.

    Nach seiner aktiven Zeit als Artist wird er wieder Handwerker. [595, S.34]

  • Bild von 1887
  • Eduard Carl Friedrich Otto erhält beim kaiserlichen Patentamt das Patent für ein Einrad mit Übersetzung. Da er verschiedene Möglichkeiten der Kraftübertragung auflistet, gehe ich davon aus, dass es nie gebaut wurde. Von der Übertragung mittels einer Kette rät er ab, da hier die Kraftverluste hoch seien. Er empfiehlt die Kraftübertragung mittels Zahnräder oder Metallriemen. Metallriemen seien mit Löchern oder Vertiefungen zu versehen, während das entsprechende Gegenstück, breitere Scheiben, mit Nieten in diese Vertiefungen fassen sollen. [572]
    Fortgeschrittene Fahrer können das kleine Sicherheitsrad abnehmen. [595, S.20][B402]

  • Der Amerikaner Nick Kaufmann (1861-1943) (Erfinder von Radball →1883) bekommt von einem Nachbar seines Arbeitgebers ein Hochrad geliehen. Er kauft sich für 85$ ein gebrauchtes „Ordinary“, dessen Besitzer sich bei einem Sturz den Arm gebrochen hatte und übt von Beginn an artistische Tricks. [56][595, S.34]

  • Peugeot ist der erste industrielle Hersteller von Fahrrädern in Frankreich. [541]

  • Nachdem Königin Viktoria zwei Dreiräder von James Starley kauft, nennt er das Modell um in „Starley Royal Salvo“. [521, S.20]

  • Die britische Post setzt dreirädrige Lastenräder zur Zustellung von Briefen und Paketen ein.
    Bald darauf werden Fahrräder für den Warentransport umgebaut.
    Metzger und Bäcker liefern so ihre Waren aus, Handwerker können ihr Werkzeug transportieren. [521, S.86]

  • Der Pariser Gustave Trouvé baut in das englische, 55kg schwere, dreirädrige Starley Coventry Lever Tricycle einen 5kg schweren Elektromotor von Siemens, mit 70W (0,1PS) Leistung, unter die Achse ein. Ein 12V Bleiakku ist hinter dem Fahrersitz montiert. Die Geschwindigkeit wird mit der eines guten Pferdefuhrwerks verglichen.
    Diese Trouvé Tricyclette ist nicht nur das erste E-Bike, es gilt auch als das erste Elektrofahrzeug überhaupt. [539]

  • Bis 1887 werden 5000 Star-Bicycles gebaut, ein amerikanisches Hochrad, bei dem das Vorderrad kleiner als das Hinterrad ist. Mit dem Stützrad vorne sollen Stürze vornüber vermieden werden. Es hat einen Trethebelantrieb auf das Hinterrad. Um die verdickte Achse gewickelte Lederriemen werden mit den Hebeln abgerollt, die damit das Rad antreiben. Freilauf und Federn wickeln die Riemen wieder auf und bringen die Hebel in die Ausgangslage zurück. Da die Trethebel unabhängig voneinander funktionieren, hat es bei gleichzeitiger Betätigung eine große Beschleunigung. Hier wird zum ersten Mal ein Freilauf serienmäßig verwendet. Mehrere Patente und Personen entwickeln das Modell weiter (Special-, Pony-, Rover-Star, usw.), so dass ab 1885 größere Stückzahlen produziert werden. Auch in Deutschland wird es in Lizenz produziert. Erfolgreich ist es nur in den U.S.A. und gilt als einziger bedeutender Beitrag der U.S.A. zur Fahrradentwicklung. Mit dem Siegeszug des Sicherheitsniederrades von John Kemp Starley endet die Produktion 1887. [138][521, S.19][567, Hochräder 1882]

  • Das britische Fachmagazin „The Wheel World“ berichtet in einem Artikel über „The Sport in Germany and Austria“, dass es keine Fahrradfabrik in Deutschland gibt. [568]

  • In Frankfurt am Main treffen sich erstmals deutsche Radfahr-Vereine, um einen Verband zu gründen. Es wird noch ein paar Jahre dauern. [157]

  • Die erste deutsche Radsportzeitschrift erscheint: Das Veloziped. [157]

  • In Frankfurt am Main wird nach London (1876) und New York die dritte Kunsteisbahn der Welt eröffnet. [61]



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  • Die Leipziger Firma Focke produziert in kleiner Serie Einräder von Scuri. Das hier abgebildete Modell stammt wahrscheinlich von 1882 aus dem Wiener Cycle-Club (WCC). [567; Geschichte Hochräder Einrad][B406]

  • William Gable und Charles H. Pelton aus Springfield (Ohio) erhalten das Patent für ein Einrad: Der Fahrer steht auf Fußrasten unterhalb der Achse, hält mit einer Hand die Gabel/Rahmen und betätigt mit der anderen Hand eine Kurbel, die die Kraft mittels Kette oder Riemen auf das Rad überträgt. Gelenkt wird über das Drehen der Füße, die auf der jeweiligen Seite einen Widerstand an der Felge schleifen lassen. [574]
    Aus persönlicher Erfahrung mit dem Fahren einer Giraffe, stehend auf Fußrasten und mit den Händen kurbelnd, weiß ich, dass diese Konstruktion funktioniert. Ich bin mir aber auch sicher, dass die Lenkung zwar grundsätzlich funktioniert, aber nur in so geringem Maße, dass es nicht als praxistauglich durchgehen würde.
    Aus diesem Grund bin ich mir sicher, dass diese Konstruktion vernünftigen Überlegungen entsprang, aber wahrscheinlich nie gebaut wurde.

  • Am 13.8.1882 findet das erste Einradrennen in Grenoble statt. [595, S.23]

  • Ob das Einrad das Hochrad ersetzen könne, schreibt die Allgemeine Sportzeitung:
    „Das Einrad ist nicht geeignet, um schnell zu fahren; es ist mehr geeignet für das Kunstfahren oder künstlerische Produktionen. Das Einrad hat keinen praktischen Vorteil gegenüber dem Hochrad und benötigt besonders zu trainierende Fahrfähigkeiten, das macht es nutzbar nur für professionelle Künstler. Seine genaue Form diktiert, dass es nicht für jegliche sportliche Nutzung geeignet ist.“ [595, S.26,27]

    Obwohl wir heute wissen, dass wir jährlich tausende Tote im Strassenverkehr haben (2018 weltweit über 1,3 Millionen[2]), halten wir aus Bequemlichkeit am Autofahren fest. Ähnlich war es wohl bei Einführung des Hochrades. Es verdrängte die Michaulinen (Knochenschüttler), obwohl ein Sturz aus der Höhe schwerwiegende Verletzungen zur Folge haben konnte und so manches Mal tödlich endete. Das große Rad nimmt Unebenheiten, wie Kopfsteinpflaster, Schlaglöcher und Spurrillen besser weg, als die kleineren Räder der Michaulinen. Aber vor allem war es schneller. Diskussionen darum, ob das Einrad das Hochrad verdrängen konnte, waren durchaus auch ernst gemeint. Das Einrad-Fahren lernen war aufwändiger und das Fahren wackliger, aber fährt man mit einem Hochrad bergab, wird durch das dann höher liegende Hinterrad die Neigung nach vorne näher an den Kippunkt gebracht. Ein nach hinten lehnen kann verhindern, dass man vorne über den Lenker stürzt. Das ist aber nur begrenzt machbar.
    Ein Bremsen des Gefährts ist nur mit wenigen Mitteln möglich:
    1. Eine Bremse am kleinen Hinterrad. Diese hat durch die geringe Traktion aber nur eine kleine Wirkung.
    2. Abspringen.
    3. Eine Bremse am großen Vorderrad.
    4. Bremsen mit der Hand auf den Reifen, der weit oben zwischen den Beinen langführt und damit leicht zu erreichen ist, wie es vor Einführung der Bremse üblich war.
    5. Gegenhalten durch Druck auf die Pedale, was aber von Kraft und Körpergewicht abhängig ist.

    Alle bremsenden Wirkungen auf das Vorderrad haben durch die Schwungmasse der Radgröße die Folge, dass das Hinterrad abhebt und die ganze Einheit nach vorne kippt! Das weiß ich aus eigener Erfahrung. In den sogenannten Reitschulen hat man nicht nur das Aufsteigen und Fahren gelernt, sondern auch das kontrollierte Abspringen vorne über den Lenker.
    Manche Modelle hatten geschwungene Lenkstangen, um beim bergab Fahren die Beine darauf ablegen und schnell abspringen zu können. Mit treten war kaum möglich. Eine scharfe Kurve, das Ende der Strasse oder kreuzender Verkehr hat so manches Todesopfer gefordert.
    Ein Einrad dagegen kann im Schwerpunkt so verlagert werden, dass es abgebremst werden kann, ohne das es sich überschlägt.
    Mit der Einführung des Niederrades, aus gutem Grund auch Sicherheitsfahrrad genannt, mit Luftbereifung, die ähnlichen Komfort bot, wie das große Rad eines Hochrades, verschwanden auch die Einräder wieder, die mit einfachen Mitteln aus Hochrädern gebastelt werden konnten. [42]

  • Der Amerikaner Nick Kaufmann tritt in seiner Heimatstadt Rochester öffentlich auf[56] und wird in den Rochester Bicycle Club aufgenommen, wo ihm die Mitgliedschaft von den bürgerlichen Mitgliedern gesponsert wird. [595, S.34] Reuben Punnett, der schon Preise im Trick Cycling und Langsamfahren gewonnen hat, wird auf ihn aufmerksam und ihn trainieren. Zukünftig wird er von Kunstradvorführungen leben. [56]

  • Der Amerikaner George M. Hendee (1866-1943) gewinnt sein erstes Radrennen (Hochrad). Weitere 308 Siege folgen, auch Meistertitel und Rekorde. 1895 gewinnt er die Hochradweltmeisterschaft. 1897 eröffnet er eine Produktion von Safety-Fahrrädern, 1902 beginnt er als erstes in den U.S.A. die Massenproduktion von benzinbetriebenen Motorrädern. 1913-1917 ist seine Firma "Indian" der weltgrößte Produzent von Motorrädern. 2010 wird er in die United States Bicycling Hall of Fame aufgenommen. [214] Hendee entfernt das kleine Rad seines Hochrades und lernt mit dem Vorderrad allein zu fahren. In einem zeitgenössischen Artikel heißt es, er sei wahrscheinlich der erste Mann, der das Einrad beherrscht. [207, S. 153]
    Ist natürlich quatsch, denn es gibt ja bereits Einräder. →1880

  • Ein Monowheel von 1882. [557, S.12][B126, S.12]

  • Der Konkurenzkampf der Hochradhersteller ist groß, die Konstruktion bietet nicht viele Gestaltungsmöglichkeiten, so punkten die Hersteller mit verschiedensten Ausstattungsmerkmalen: Das elegante 21kg schwere Hochrad aus englischer Produktion hat einen Stahlrohrrahmen, hohle Profilgabel, Radialspeichen, Vollgummireifen, Löffelbremse, gummigelagerte Sattelfeder und Sturmlaterne. [552, S.34,35][B167]
    Andere Modelle haben z.B. Elfenbeingriffe, Elfenbeinbremshebel, kugelgelagerter Steuerkopf, Klingel, Taschenuhrhalterung am Lenker, vollständige Vernickelung, ... [567; Hochrad 1886]

  • Mit dem Hochrad Le Grand Bi bringt Peugeot sein erstes Fahrrad auf den Markt und beginnt mit der Massenproduktion von Fahrrädern.[521, S.98]
    Bis 1888 hat sich Peugeot mit seinen Fahrradmodellen am Markt etabliert. [541]

  • Um ein deutsches Wort für Bicyclette, Veloziped, Michauline und andere Bezeichnungen einzuführen, schlägt der Germanist und Lehrer Hermann Dunger „Reitrad“ vor. Die Bezeichnung kann sich nicht durchsetzen. [130]

  • Die erste und mit einer Dampfmaschine betriebene Fahrradfirma „Dissel & Proll“ in Dortmund gilt damit als modernste Fahrradfabrik Deutschlands, verbunden mit einer Vernickelungsanlage, Schleiferei und Poliereinrichtung.
    Es folgen Patente für profilierte Vollgummireifen, Kugellager für Vorder- und Hinterrad. [568]

  • In München findet die erste Fahrrad-Ausstellung in Deutschland statt. „Dissel & Proll“ aus Dortmund ist der einzige Deutsche Aussteller, alle anderen kommen aus England. [568]

  • Die deutsche Jahresproduktion von Fahrrädern beträgt etwa 2500. [130][550, S.144]



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  • Das Renn-Hochrad von Andrews erreicht ein Gewicht von nur 8,8kg. [58]

  • Das Sociable ist ein Dreirad für mehrere Personen. [557, S.11][B126, S.11]

  • Der Wiener Cyclisten Club berichtet über ihre Ausfahrten darüber, dass Hochradfahrer nicht immer willkommen sind: Die gesitteten vernünftigen Mitbürger betrachten den Radfahrer als Narren und gemeingefährlich, der die Bauernpferde stutzig macht. Radfahrer würden als Freiwild betrachtet und mit Steinen beworfen oder Hindernisse vor das Rad geworfen werden, um den Fahrer zu Sturz zu bringen. [568]

  • Der Schweinfurter Friedrich Fischer, Sohn des Erfinders des Tretkurbelantriebes an der Laufmaschine, baut die erste Kugelschleifmaschine. Nun können Kugeln in hoher Präzision hergestellt werden, die auch in Fahrrädern zum Einsatz kommen. Zunächst nur im Tretlager. In der Radnabe, Steuerkopf (erstmals baut Hyde & Wigful diese in Hochrädern ein[567; Hochrad 1886]) und in den Pedalen folgt der Einbau später.
    Es gilt als der Start der Wälzlagerindustrie.
    Im Zuge der industriellen Revolution profitiert die Lager-Entwicklung und Produktion von dieser und umgekehrt. Davor mußten Radlager von Dampflokomotiven häufig ersetzt werden. Fischers Werke entwickeln sich zu den weltweit führenden Kugellagerherstellern. [46]

  • Der Dortmunder Fabrikant Friedrich Heinrich Dissel erhält vom bayrischen Gewerbemuseum in Nürnberg eine Auszeichnung:
    „für ein schön und gut ausgeführtes Velociped und das Verdienst, die Fabrikation solcher Fahrzeuge in Deutschland eingeführt zu haben.“ [568]

  • Der Dortmunder Friedrich Heinrich Dissel führt die Fahrradglocke ein. [568]

  • Der Londoner Hersteller Hillman, Herbert & Cooper nennen ihr Sicherheitshochrad mit Übersetzung „Kangaroo“. Der Name gilt fortan als Synonym für alle Räder dieser Bauart auch anderer Firmen. Es wird zu einem großen Erfolg und binnen kurzem haben fast alle großen englischen Firmen ähnliche Modelle im Programm. Viele Kangaroos sind aufgrund der möglichen Übersetzung als Rennausführung mit schmaleren Reifen zu bekommen. [567; Sicherheitshochrad 1886]

  • Auf der Suche nach Fortbewegungsmitteln experimentiert der polnische Ingenieur Stanislaw Barycki mit verschiedenen Antrieben für Monowheels, z.B. Segeln. Er erfindet das pferdegezogene Monowheel. Keine seiner Erfindungen kann sich durchsetzen und er stirbt völlig verarmt. [211][B031]

  • Das erste Radballspiel: Nick Kaufmann gegen John Featherley in Rochester. Nachdem Nick einen Mops, der ihm vor das Star-Bicycle lief, vorsichtig mit dem Rad zu Seite schob (das kleinere Vorderrad verhindert zwar schwere Stürze, wie sie beim Hochrad vorkommen, ist aber instabiler, so das es bei Gewichtsverlagerung nach hinten, leicht anzuheben ist), kam er auf die Idee, statt des Hundes lieber einen Ball zu nehmen. [56][138]
    Während das Radballspiel unter den amerikanischen Kunstradfahrern schnell populär wurde, schreibt der Deutsche Radfahrerbund: „Das Spiel bot so gut wie kein Interesse und fand auch keinen Beifall seitens des Publikums.“ [595, S.36]



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  • Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) wird in Leipzig gegründet. Heißt zunächst aber noch Deutscher Radfahrerbund (DRB). [157]

  • In Leipzig findet der erste Kongreß des Deutschen Radfahrerbundes statt.
    Das Bild zeigt eine Zusammenstellung der Aufführungen auf der Gala im Krystallpalast. Die Originalzeichnungen sind von F. Waibler und wurden in Illustrirte Zeitung Nr. 1249 veröffentlicht. [Homepage Cycling4Fans; Bild von Monika bearbeitet][604][B193]

  • Zur Gründungsfeier des Wiener Cyclisten Clubs wird ein Sechser-Reigen mit Hochrädern präsentiert.
    Der Verein veranstaltet auch Radrennen und Touren. [568]

  • Hugo Barthol fährt mit dem 56“-HOWE-Hochrad von Gera über den St. Gotthard und Apennin nach Neapel und zurück. ca. 3800km in 11 Wochen mit 13kg Gepäck, das z.Tl. am Lenker befestigt ist. In der Hitze Italiens fährt er mit nasser Kleidung um den Kopf und manchmal Nachts.
    Eine Rekordfahrt bis zur Weltumrundung von Thomas Stevens 1884? [604]

  • Edouard Carl Friedrich Otto und der Hersteller Premier [567] bringen auch ein Kangaroo auf den Markt, ein Hochrad mit Kettenantrieb [130][B032].
    Da über die Kette eine Übersetzung möglich ist, konnte das große Rad, ohne Geschwindigkeitsverlust auf 38“ verkleinert werden.[567]
    Von diesem Model kann er etwa 100 Stück in der Woche verkaufen. [181]

  • John Kemp Starley (Neffe von James Starley) stellt an der Stanley Veloshow in London [129] sein 20kg schweres [467] Sicherheitsniederrad „Rover Safety Bicycle“ vor (Seine gegründete Firma Rover (deutsch: Wanderer) wird später auch als Automarke bekannt werden). Voraussetzung für eine hohe Geschwindigkeit bei nicht vergrößertem Vorderrad war die Rollenkette. Nun entfernt sich das äußere Erscheinungsbild vom Einrad. Aber erst mit einem Rennen von London nach Brighton und zurück konnte er überzeugen. Die Strecke wurde mit einem neuen Weltrekord bestritten und binnen weniger Jahre wird das Hochrad vom Markt verdrängt. Rover Typ II erreicht innerhalb eines Jahres einen Marktanteil von 90% und gilt heute als Prototyp des modernen Fahrrades. Im Gegensatz zu Rover I befindet sich die Steuerung direkt an der Vorderradachse und die Bremse am Vorderrad. [129] In der Kombination mit Luftreifen, die Unebenheiten abfedert, erreicht es eine 30% höhere Geschwindigkeit. [467]

  • Zum Erscheinen des Sicherheitsniederades fordert ein Grazer Vereinsfunktionär, der die Männlichkeit in den Radsportvereinen akut gefährdet sah:
    „Das Niederrad für die Frauen und die Alten, das Hochrad für die Jugend sollte der Wahlspruch jedes wahrhaft sportlichen Radsport-Vereines sein!“ [604]

  • Ein Monowheel von 1884. [557, S.12][B126, S.12]

  • Die „The Bicycling World“ berichtet von zwei 16jährigen Jungs, deren 48“ und 50“ Hochräder gebrochen sind: William Dinwiddie und Howard Seely. Daraufhin haben sie auf dem 10m-Dachboden des Seely-Stalls gelernt, mit den übrigen Rädern Einrad zu fahren. Sie fahren ohne Sattel täglich über Kopfsteinpflaster und Bordsteinkanten. [567]

  • Im Deutschen Kaiserreich sind die ersten brauchbaren Kugellager erhältlich, die den Reibungswiderstand in Naben und Tretlagern deutlich verringern. Später auch produziert in der „Veloziped Gußstahlkugelfabrik“ , die von Friedrich Fischer gegründet wurde, dem Sohn von Philipp Moritz Fischer, dem „Erfinder“ des Tretkurbelfahrrades. [107][108]

  • Pedale erhalten eine Gummitrittfläche und Kugellager. [34]

  • Die Anzahl der Spieler eines Eishockeyteams wird von 9 auf 7 verkleinert. [61]



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  • Der britische Autor Thomas Stevens (1853-1935) umradelt als erster die Welt auf zwei Rädern. Mit einem 50Zoll Hochrad von Albert Pope der Marke Columbia. Er kalkuliert 16km/h. [59]

  • In Dreirädern kommen Planetengetriebe zum Einsatz. [54]



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  • Der Amerikaner Nick Kaufmann nimmt an einer dreitägigen Radsportveranstaltung in Springfield teil. Er bestreitet als einziger das Einradrennen über eine Meile.[56] Er erzielt mit 4,10Min. [595, S.24]) einen Rekord und die Aufmerksamkeit der Presse und der Radsportszene. Springfield Republican: „On One Wheel Against Time“. [56] →1886

  • Die zweite Hauptversammlung des Deutschen Radfahrerbundes findet in Nürnberg statt. Die schnelle Verbreitung der Fahrradmodelle Kangaroo zeigt sich deutlich, da hier, außer den gängigen Rennen über 3000m (9 Runden auf der 333m-Bahn), 2000m (für Teilnehmer, die noch nie Preisträger waren), Rennen für Dreiräder und zweisitzige Dreiräder, bereits ein eigenes Rennen stattfindet. Außerdem noch ein Rennen über 50km für jede Art Zweiräder, bei dem nur 5 von 16 Startern durch das Ziel fahren. [604]

  • An Militärfahrrädern in Österreich wird das Zyklometer eingeführt: in Kenntnis des Radumfanges wird mittels Umdrehungszahl die Wegstrecke angezeigt. [241]

  • Der Amerikaner Charles Hanson meldet Klickpedale zum Patent an. Damals wie heute sind dafür besondere Schuhe notwendig. [34]

  • In Kanada startet der Ligabetrieb im Eishockey. [61]

  • Statt der bisherigen Bezeichnung „Vélozipèd“ wird „Bicyclette“ und „Bicycle“ üblich. [182]

  • Im Deutschen Kaiserreich wird die Bezeichnung „Fahrrad“ eingeführt. [130]

  • Ab 1885 werden einige Vergleichsrennen zwischen Hochrad und Safety ausgetragen. Das Modell Kangaroo schneidet ebenbürtig ab. [567; Sicherheits-Hochrad 1886]

  • Lucius D. Copeland baut in Philadelphia etwa 200 Dampfräder aus dem Star- Bicycle. [138][B5]

  • Die Brüder Mannesmann lassen sich ein Verfahren zur Erzeugung von nahtlosem Stahlrohr patentieren. Ab 1890 ist es erhältlich und ersetzt den schweren massiven Stahl oder den Hohlstahl als Rahmenmaterial. [111]

  • Die deutsche Jahresproduktion von Fahrrädern beträgt etwa 5000. [550, S.144]

  • Dr. Robert Koch (Medizin-Nobelpreisträger 1905) droht Zwei- und Dreiradfahrern mit Katharren, Gelenkrheumatismus, Herzklappenfehlern, Nieren- und Rückenmarkserkrankungen, Lungenemphysem, Herzdilatation, Aortenneurisma und der Schädigung der Unterleibsorgane, vom akut lebensgefährlichen Sonnenstich ganz zu schweigen.

    Wenig später ergänzen amerikanische Ärzte die Liste noch durch unmittelbare Gefahren für die Nieren, den Magen, das Nervensystem, die Blutgefässe, die Blase, die Prostata, die Sinnesorgane und sogar für den Blinddarm.
    Ein deutscher Mediziner befürchtet, das Radfahren würde zu ungehemmter geschlechtlicher Triebkraft führen, ein Risiko, dass seine amerikanischen Kollegen nicht so sehen: sie vertreten die Ansicht, das Radfahren mache impotent. [552; S.9,10]



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  • Das erste Einradrennen, in Greiz (Thüringen). [100, S. 17] (So steht es im Buch „Die Kunst des Einradfahrens“ von Björn Dinklage (edition aragon), allerdings bin ich bei meinen Recherchen darüber gestolpert, dass es 1882 bereits ein Einradrennen in Grenoble gegeben hat und dass Nick Kaufmann 1885 an einem Einradrennen in Springfield teilgenommen hat und müsste es hier rausnehmen. Vielleicht wird das Rennen in Springfiel nicht als Rennen gezählt, weil nur eine Person teilgenommen hat? Vielleicht hat Björn nicht ordentlich recherchiert (war ohne Internet auch schwerer) Wie auch immer, ich lasse beides mit diesem Hinweis hier stehen.))
    Die Photographie ist aber das älteste Bild eines Einradrennens und zeigt 5 Personen mit zu Einrädern ummontierten Hochrädern. Man kann Lenker aber keine Sättel erkennen. [222, S. 170][B035]

  • Es folgen weitere Einradrennen in Wien. [595, S.24]

  • Der Leipziger Paul Focke, Fabrikant von Kunstfahrrädern, wirbt mit Einrädern „nach dem Originale des Erfinders Signor Scuri“. [595, S.34]

  • Der Amerikaner Nick Kaufmann tritt auf der Fahrradmesse in London auf und tourt danach zehn Jahre durch Europa. Er tritt beim Bundestag des Deutschen Radfahrerbundes auf und begleitet die Parade mit dem Einrad. [56] Mit seinem Erfolg und seiner Professionalität etabliert er das Kunstradfahren nicht nur als Zwischenprogramm bei Rennen (seine Auftritte werden in Rennfahrprogrammen ab 1887 angekündigt) oder Saalfesten sondern auch in den Varietés. Signor schreibt 1910:
    „Nach dem sensationellen Erscheinen Kaufmanns in Europa wuchsen die Kunstfahrer wie Pilze aus der Erde.“
    Ab 1886 verdient er seinen Lebensunterhalt vollständig mit dem Radfahren. Er benutzt verschiedene Maschinen und Spezialkonstruktionen. [595, S.35, 37][B405, S.35]

  • Richard Weber erfindet den Fahrraddynamo. [130]

  • Mit der Einführung des Niederrades kommt es zu einer breiteren Akzeptanz des Rades und einem Radboom. Es kommt allmählich Leben in die Entwicklung der deutschen Fahrradindustrie. Die Nachfrage ist so groß, dass die englischen Firmen sie nicht mehr abdecken können. Dem Vorbild der englischen Konkurrenten folgend, nehmen zunehmend auch große deutsche Nähmaschinenfabriken (Dürkopp, Opel und andere) die Produktion von Fahrrädern auf.[568]
    Nähmaschinen sind im Herbst und Winter gefragt, Fahrräder im Frühling und Sommer.

  • Es entstehen neue Fahrradfabriken, wie z.B. die Wanderer-Werke.
    Ein junger Doktorand später:
    „1886 ist ein Jahr der größten Entfaltung der jungen Industrie.“ [568]

  • Das deutsche Unternehmen NSU, das ursprünglich (1873) Strickmaschinen herstellte, beginnt seine Fahrradproduktion mit dem Hochrad „Germania“.
    Es folgen Niederräder wie z.B. 1888 das Sicherheits-Zweirad „Pfeil“.
    NSU wird 1955 zum größten Zweiradhersteller der Welt. [561]

  • Damit John Beales Hochrad Facile nicht vom Kangaroo, welches von nahezu jedem Hersteller angeboten wird, vom Markt verdrängt wird, versieht er es mit einem Planetengetriebe. [567; Sicherheits-Hochrad 1886]

  • Der deutsche Ingenieur, Radrennfahrer und Redakteur Georg Rothgiesser (1858-1943) erhält das Patent auf sein ungewohnt zu fahrendes Sicherheitszweirad mit Sattellenkung: Der Sattel befindet sich auf der Vorderradgabel, diese Verbindung kreuzt die Verbindung Hinterrad/Lenker.
    Damit läßt es sich leicht freihändig fahren, aber die Belastung der Verbindung veranlasst den Erfinder schon bald ein verändertes Modell auf den Markt zu bringen.
    Georg Rothgiesser hat zahlreiche Patente, z.B. für einen Schnursattel (das Leder setzt sich nicht so schnell durch 1883, mit Nachspannvorrichtung 1886), anschraubbarer Aufstieg für Hochräder (1883), Gepäckfach unter dem Sattel (1883), Steigungsanzeiger am Lenker (1883), Rational-Reifen (massiver Reifen mit flacher Lauffläche für bessere Traktion), ... .
    Sein Patent für Pedale mit viereckigen Gummis wurde 1884 abgelehnt. [550, S.10 bis 25]

  • Im Deutschen Kaiserreich werden Fahrräder militärisch genutzt. [130]



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  • Es finden Einradrennen in Wien und in Graz statt. [595, S.24]

  • Richard Schulz aus Ottensen fährt mit einem Einrad auf einer Rennbahn in Frankfurt 1000m in 2,28Min. [595, S.24]

  • John Keen legt mit seinem Hochrad die Meile (ca. 1,6km) in 2 Minuten und 30 Sekunden zurück (38,6km/h). [58]

  • Die Entwicklung des Saalsports beginnt. Tricks im Kunstradfahren und Reigenfahren. Zunächst vorrangig auf Hochrädern.
    Es wird Jahre später für Jahrzehnte die einzige sportliche Heimat des Einradfahrens sein. [595, S.39]

  • In Deutschland gibt es 64 Betriebe mit 1150 Arbeitern, die ca. 7.000 Hoch- und Niederräder produzieren.
    Die Einfuhr aus England wird auf 15-20.000 geschätzt. [568]

  • In den nächsten Jahren erlebt die deutsche Fahrradindustrie einen ununterbrochener Aufschwung.
    Produktionen sind oft schon verkauft, bevor sie begonnen haben.
    Es wird mit Überstunden und Nachtschicht gearbeitet, Betriebe werden erweitert, Produktionen einiger Werke verdoppelt. [568]

  • In Großbritannien und Spanien werden militärische Fahrradkompanien eingeführt. [521, S.30]

  • Auf dem Halensee in Berlin findet das erste Eishockeyspiel nach kanadischer Spielart auf deutschem Boden statt. [61]



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  • Der schottische Tierarzt John Boyd Dunlop patentiert den Luftreifen. Damit gibt es keinen Vorteil mehr von Hochrädern gegenüber dem Sicherheitsniederrad. Seinen ersten Gummireifen umwickelt er mit Stoffstreifen aus dem Kleid seiner Frau. Angeblich soll er den Reifen für das Dreirad seines Sohnes gemacht haben, damit dieses nicht mehr so laut ist und er bessere Chancen bei Rennen gegen seine Freunde hat. [5]

  • Das Rover III kommt auf den Markt. Das fehlende Sattelrahmenrohr bei allen Rover-Rädern ist der auffälligste Unterschied zu heutigen Fahrrädern. [129]

  • Radfahrabteilung in der britischen Armee. [B126, S.20]

  • In Ashfield findet das erste australische Radrennen für Frauen statt. Es geht über 2 Meilen.[151]

  • Auf der Stanley Show in London, eine bedeutende Zusammenkunft aller Fahrradfahrer und Hersteller, wird erstmals ein Regelwerk für eine Kunstradmeisterschaft aufgestellt. [595, S.28]

  • Der Amerikaner Nick Kaufmann gewinnt die Kunstradweltmeisterschaft in London. Er erhält die Medaille mit der Aufschrift:
    „Professional Cycle Trick-Riding Championship of the World“.[56]
    Diesen Titel kann er (mangels Herausforderer) mehrere Jahre verteidigen. [595, S.30,31] In den nächsten Jahren wird er weitere Preise erlangen, z.B. den ersten Rang bei der Rad-WM in Chicago 1893, Europameisterschaft 1893, Meisterschaft von Bayern 1894. Er hat zahlreiche Firmen-Sponsoren und läßt professionelle Ansichtskarten von sich drucken. [56]

  • Bis 1914 werden in Radfahrzeitschriften mehrere Bücher propagiert, in denen auch das Einradfahren behandelt wird. [595, S.40]

  • Von Gabriel erscheint das Buch
    „Das Fahren und Kunstfahren auf dem Zwei- und Einrad“.
    Es umschreibt einige Einradtricks und auch das Fahren auf dem „nackten Rad“.
    „Es ist nicht möglich, sich in den ersten Übungsstunden weder von einem noch von zwei Gehilfen führen zu lassen; es bleibt nichts übrig als allein zu üben und so oft wieder von neuem aufzuspringen als man zum Abspringen gezwungen war oder - wie es Berger erlernte - zwischen zwei wagrechten Leitern in der Turnhalle, die für den Fahrer schulterhoch gestellt sind, hin und her zu fahren.“
    Auch das Fahren über Hindernisse wird erwähnt. [595, S.40,41][B405, S.41]
    Arne schreibt in seiner Examensarbeit dazu:
    „Keines der von mir gefundenen nachfolgenden Bücher bis zum ersten Weltkrieg hatte einen so umfassenden Teil zum Einradfahren. Meist wurde bei den Saalsportbüchern das Einrad nur der Vollständigkeit halber erwähnt.“

    Das „Nackte Rad“ bezeichnet man heute als Ultimate.

  • Richard Schulz aus Ottensen fährt mit einem Einrad auf einer Rennbahn in Krefeld 1000m in 2,18Min. [595, S.24]

  • Ein Leser schreibt im „Deutscher Radfahrerbund“: „Im Einradfahren herrscht kein allzu großer Unterschied zwischen unserem Meister Schulz und Kaufmann.“ [595, S.38]

  • W. H. Barber berichtet im Wheelmen Bulletin, dass er die Meile in 3 Minuten und 27sec auf dem Einrad zurückgelegt hat. 10sec schneller, als der bisherige Weltrekord. [207, S. 154]

  • Bert Myers bricht mit dem Vorderrad eines Hochrades alle Einradrekorde von 2 bis 14 Meilen. Er legt in einer Stunde 13 Meilen und 5,098 Fuß zurück und benötigt für 14 Meilen eine Stunde und 7 Sec. Es soll die längste Strecke auf einem Einrad sein, die bisher ohne absteigen zurückgelegt wurde. [207, S. 154]

  • Die Berichte deuten daraufhin, dass sich Einradfahren etabliert hat und es üblich ist, Hochräder in Einräder umzubauen. [207, S. 154]

  • Die deutsche Jahresproduktion von Fahrrädern beträgt etwa 20.000. [550, S.144]



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  • Ab 1889 werden vereinzelt Einräder von Handwerkern gefertigt. [595, S.44]

  • Das James Ordinary Racer Renn-Hochrad wiegt nur 7kg. [58]

  • Unter 94 englischen Fahrradmodellen gibt es nur noch zwei Hochräder. Aber schon 5 Damenräder. [58]

  • Das Modell „Ladies Rover“ von John Kemp Starley mit Vollgummireifen, Stempelbremse auf das Vorderrad, Federsattel und Kettenschutz, kommt auf den Markt. [130][231]

  • Die „League of American Wheelman“ schreibt in ihrer Zeitschrift „Bicycle“:
    „Je eher die Radfahrerin von der Strecke gebuht wird, desto besser für unseren Sport.“ [534]

  • Paul de Vivie wird am Pass von einem Pfeife rauchenden und Zeitung lesenden Radfahrer überholt [161]. In der Folge montiert er unterschiedliche Kettenblätter für verschiedene Übersetzungen. [55]

  • In Belfast gewinnt der Ire Willie Hume das erste Rennen mit luftgefüllten Reifen gegen den nationalen Meister Arthur du Cros. In Liverpool wird sein Fahrrad in einem Schaufenster eines Fahrradgeschäftes ausgestellt, was so einen Menschenauflauf verursacht, dass die Polizei geholt wird, um Bürgersteig und Straße zu räumen. [4]

  • Der Amerikaner A. P. Morrow läßt den Freilauf patentieren. Unter Radfahrern ist das zunächst umstritten. [113]

  • Es werden Patente für die Felgenbremse erteilt. [130]

  • Belgisches Patent an Fabrique Nationale Herstal für ein kettenloses Fahrrad mit Wellenübertragung auf das Hinterrad. [130]

  • Die erste Deutsche Fahrradfabrik, die ehemalige „Dissel & Proll“ in Dortmund, stellt die Produktion ein. [568]

  • Die Fahrrad-Fabrik Rothgiesser & Co verkauft Fahrräder mit „Polsterreifen“: Vollgummireifen mit verschieden großen Hohlräumen. [550, S.25] →1886

  • Der Spielzeug-Unternehmer Adolph Schoeninger gründet in Chicago die Western Wheel Works, eine Fabrik für Fahrräder. Mit seiner Methode Stahl kalt zu pressen, statt wie bisher zu erhitzen und dann zu formen, kann er Fahrräder schneller und preisgünstiger produzieren und sie damit einem größeren Publikum zugänglich machen. Dieser Prozess wird später in der Automobilindustrie übernommen. [278][279]

  • England hat 30 Bataillone mit Fahrradabteilungen. [130]

  • Die Aussteller und Besucher der ersten deutschen Fahrradausstellung in Leipzig kommen mit der Eisenbahn. [550, S.125]
    140 Firmen stellen aus. [568]

  • Auf der Pariser Weltausstellung erhält das Fahrrad, wie wir es heute kennen, seinen neuen Namen: Vélocipède bicycle (zweirädriger Schnellfuß) und wird einem breiteren Publikum vorgestellt.[34]



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  • Richard Schulz aus Ottensen legt auf dem Einrad 100km in 7 Stunden 6Min (reine Fahrzeit) zurück (im Ganzen 10 Stunden 5Min.) [595, S.24]

  • Franz Bescherer fertigt Einräder und verkauft sie. Von einer Kleinserien- oder gar industriellen Fertigung ist man noch weit entfernt. [595, S.44]

  • Um 1890, kurz bevor sich die Luftreifen durchsetzen, gibt es Experimente, das Durchschütteln auf den (noch) schlechten Strassen, mit drei Rädern hintereinander(!), zu verhindern. Bei einigen Modellen werden das Vorderrad und das Hinterrad gelenkt. Das funktioniert zwar gut, aber durch das damit verbaute Gestänge, mehr Rahmen-Material um das dritte Rad aufzunehmen und eben das dritte Rad, sind diese Fahrräder sehr schwer. Gewicht und die Mehrkosten der aufwändigen Konstruktion verhindern eine weite Verbreitung. Mit dem Durchsetzen der wechselbaren Luftreifen, verschwinden die dreirädrigen Modelle schnell wieder vom Markt. [521, S.26, 27]

  • Die Brüder Michelin erfinden den wechselbaren Luftreifen. [201]

  • Der britische Erfinder Charles Kingston Welch läßt den Drahtreifen mit Schlauch patentieren. Dunlop erwirbt das Patent und produziert die wechselbaren Reifen in großer Stückzahl. [130]

  • Ein Radrennen bei Niagara-Falls gewinnen die Engländer mit luftgefüllten Reifen. Es besteht Bedarf an einem Fahrradventil, das von dem aus Hannover stammenden Amerikaner August Schrader ab 1891 produziert wird. Wir kennen es heute als Autoventil. [1]

  • Thomas Humber entwickelt den Diamantrahmen (Fünfeckrahmen) [130]. Er ist stabiler als der bisher verwendete Kreuzrahmen. [111]

  • Nachdem erste Niederräder (entspricht im äußeren Erscheinungsbild dem heutiger Fahrräder) in Rennen gegen Hochräder gewinnen können, setzt sich das Niederrad durch. [202]

  • Das Niederrad setzt sich auch im Kunstradfahren zusehends gegen das Hochrad durch. [595, S.40]

  • Im englischen Sprachraum kommt für das Hochrad die Bezeichnung „Pennyfarthing“ auf. Das Größenverhältnis von Vorder- zu Hinterrad entspricht den Penny- und Farthing-Münzen. [553, S.39]

  • Ein junger russischer Leutnant radelt von St. Petersburg nach London, rund 122km am Tag. [467]

  • Peugeot bietet Prämien für die Entwicklung fliegender Fahrräder. [521, S.99]

  • Das Fahrrad ist das schnellste Fortbewegungsmittel, das auf Straßen unterwegs ist. [467]

  • Ein Fahrrad kostet 230,-Mark. [151]

  • Auf vielen Radrennen müssen Distanzen von mehr als 500km bestritten werden.

  • Nachdem er bei einem Ausritt von einem Fahrrad überholt wird [521, S.37], erwirbt Albert Augustus Pope (1843-1909) nahezu alle U.S. Patente für Fahrräder. Fast jeder Fahrrad- Hersteller in den U.S.A. muß etwa 10 US-Dollar Lizenzgebühr für jedes gefertigte Fahrrad zahlen. Damit baut er ein Imperium auf. Seine Marke heißt „Columbia“ und basiert auf ein Patent von Lallement. Mitte der 1890er, die Höhe des Fahrradbooms in den U.S.A., fertigt Pope pro Jahr eine Millionen Fahrräder [216]. Die automatisierte Fertigungsstrasse wird eines Tages Markenzeichen der Autoindustrie. Die Mitarbeiter dürfen sich über Fahrradparkplätze, private Schließfächer, subventionierte Mahlzeiten und eine Bibliothek freuen [467]. Pope setzt sich auch für bessere Radwege ein. Er wurde in die United States Bicycling Hall of Fame aufgenommen. [216]

  • Bei Leipzig findet das erste Radrennen (auf Dreirädern) für Frauen im Deutschen Kaiserreich statt. Die Siegerin erhält eine Brosche und eine Schürze aus Seide. [151]

  • Bereits Carl von Drais bot Laufräder für zwei Personen an, damit zählen die aneinander gebauten Hochräder nicht als erste Tandems. Sie erinnern an zwei zusammen gebaute Einräder. [58][B125]

  • Der menschliche Genpool wird beeinflußt: Kirchenbücher in England zeigen einen deutlichen Anstieg der Hochzeiten zwischen den Dörfern während der Fahrradwelle. Moralapostel merken an, dass die jungen Leute oft schneller seien, als ihre älteren Anstandsdamen. [467]

  • Sattelstütze mit erweiterter horizontaler Verstellmöglichkeit ermöglicht es Heranwachsenden bereits ein Erwachsenenfahrrad zu benutzen. [49]

  • In Einbeck baut August Stukenbrok eine Fahrradfabrik auf, die mit einem Versand direkt an die Kunden verkauft. Es ist damit der zweite Versandhandel überhaupt im Deutschen Kaiserreich [276]. Im ersten Geschäftsjahr verkauft er 28 Fahrräder, 5 Jahre später hat er schon 30 Angestellte und Handwerker. Die Verkaufszahlen verdoppeln sich von Jahr zu Jahr. Die Produktpalette wird im Laufe der Zeit erweitert, während zuerst nur Fahrräder und Ersatzteile verkauft werden, kommen bald Werkzeug, Fahrradzubehör, wie Klingeln, Hupen, Lampen dazu, Halterungen für die Taschenuhr am Fahrrad, Säbel- und Gewehrhalter, aber auch Mittel um Hunde zu verjagen, wie Peitschen, „Hundekanonen“, Schreckschußpistolen und Spritzapparate, die mit verdünntem Essig, Spiritus oder Ammoniak gefüllt werden [275]. Ab 1906 kommen u.a. Waffen und Jagdartikel, Ferngläser, Nähmaschinen, Uhren, Fotoapparate, Gold- und Silberwaren, Spielwaren, Christbaumschmuck, Grammophone und Musikinstrumente dazu. Die Auflage des ersten Versand-Kataloges betrug 80.000 und 20.000 wurden noch nachgedruckt. Seine Marke „Deutschland-Fahrrad“ wird später auch unter dem Namen „Teutonia“ bekannt. [275, Vorwort]