Die Geschichte vom Einrad, Einradhockey und RADLOS



-Hochräder
-technische Neuerungen am Fahrrad
-Das erste Einrad


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  • Der Deutsch-Französische Krieg und der damit verbundenen Wirtschaftskrise, eingezogene Zielgruppe und benötigte Rohstoffe beeinträchtigen die Weiterentwicklung des Fahrrades in Kontinentaleuropa. [58]

  • Der Krieg stürzt die französische Zweirad-Industrie in den Ruin. Das marktführende Michaulinen-Werk und alle seine Konkurrenten stellen die Zweiradproduktion ein. [552, S.33]

  • In der französischen Armee werden bei der Belagerung von Belfort Fahrräder benutzt. [130]



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  • Fahrrad und Pferd stehen als individuelle Transportmittel in Konkurrenz. Häufig finden sportliche Vergleiche zwischen Fahrradfahrern und Reitern statt. Radrennen haben den primären Zweck, die Leistungsfähigkeit von Fahrrädern zu beweisen. Welches Fabrikat ein Rennen gewinnt, ist von großer Bedeutung. [199] →1894

  • Einige Pariser Fahrradkuriere nutzen das Hochrad. [533]

  • Da es in Hannover (noch) keinen Fahrradhersteller gibt, ist das Fahrrad des Turners Friedrich Wilhelm Metz eine Sensation. [550, S.122]

  • Nach dem Zusammenschluß Nordwestdeutschlands unter Preußen und in den Gründerjahren nach 1871, nach der Verstaatlichung der großen Eisenbahngesellschaften, kann man in Deutschland von einem Eisenbahnnetz sprechen, das eine Voraussetzung für die Entstehung und Entwicklung von Fahrradindustrie und Handel darstellt. [550, S.125]

  • Nach dem Zusammenbruch der Fahrradindustrie in Frankreich und Deutschland während des Deutsch-Französischen Krieges werden Fahrräder aus England importiert. [568]

  • Das erste Velocipedenrennen in München findet 1873 und in den folgenden Jahren statt. Da diese Rennen tagsüber verboten sind (Ein Problem, das in vielen Städten den Radrennsport behindert. Berlin und Wien sollen weit stärker von dem Verbot betroffen sein, als das weltoffenere München oder Dresden.), -die Obrigkeit darf nichts davon erfahren, werden sie in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden in den Isarauen ausgetragen.
    Der Attraktivität des neuen Sports schadet das allerdings nicht. Das Publikumsinteresse ist groß. [604]

  • Der Nürnberger Ingenieur Rupert Ritter von Paller berichtet 1897 für die zweite Hälfte der 1870er Jahre, dass die deutschen Mechaniker so wenig Interesse oder Verständnis für das Hoch- und Dreirad hätten, dass fast alle schwierigen Reparaturen nach England gesandt werden mussten. [568]



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  • William Grout entwickelt für das Hochrad-Modell Grout Tension Bicycle Gabelrohre, die das Gewicht reduzieren. [58]

  • Die englische Firma Ariel bringt das erste Ganzmetallfahrrad auf den Markt. Das Vorderrad ist mit 50“ (127cm) deutlich größer und das Hinterrad mit 14“ (35cm) deutlich kleiner, als bei den bisher üblichen Michaulinen. Die Räder haben Drahtspeichen und statt des Eisenringes am Rad eine Vollgummibereifung. Mit Drahtspeichen ist die Vergrößerung des Vorderrades ohne nennenswerte Gewichtszunahme möglich und größere Geschwindigkeiten können erreicht werden. [58][120][533]
    Mit dem niedrigen Preis von nur 8£ wird es zu einem großen kommerziellen Erfolg. [533]
    Es ist tangential, nicht mehr radial gespeicht, damit unterliegen die Speichen zwischen Nabe und Felge nur noch Zugkräften.[130]
    Vollgummibereifungen werden nun in größerer Stückzahl produziert. [135]
    üblich sind rote oder graue Kautschukreifen von ¾ bis 7/8 Zoll Dicke. [135][B124][B174]


  • Im rechten Bild sind die engehängten Speichen und die Vorrichtung zum Speichenspannen (alle auf einmal) gut zu erkennen.
    Dieses System bleibt bis 1879 auf dem Markt.[567, Geschichte 1875]
  • Das Hochrad boomt. Bis 1892 werden etwa 200.000 hergestellt. Gilt aber eher (noch) als Sport- und Spaßgerät und nicht als Nutzgefährt. [58]



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  • Mit den Hochrädern werden Rekorde aufgestellt, z.B. eine Meile in drei Minuten, oder 10 Meilen in 36 Minuten. Es ermöglicht ein hohes Tempo über eine längere Strecke zu halten und Sprintgeschwindigkeiten von über 30km/h. Rennfahrer verwenden im Allgemeinen die größtmöglichen Laufräder für ihre Körpergröße. [533]



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  • Mitglieder des Middlesex Bicycle Club reisen mit Hochrädern 1100km in zwei Wochen von London nach John o´ Groats. [533]



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  • Starley kreuzt die Speichen des Hochrades. [58][130]
    Damit lockern sich die Speichen nicht mehr, wenn man beim Bergabfahren gegentreten muß. [130]
    Im Gegensatz zu heute, sind die Speichen in der Felge eingehängt und in der Nabe verschraubt. [130]

  • Radfahren wird zu einem Universitätssport: Cambridge und Oxford gründen Radfahrclubs. [533]

  • Der Engländer John Heathcote schlägt vor, die bis dahin "nackten" Gummibälle beim Tennis mit weißem Flanell zu überziehen, da dies die Sprungeigenschaften verbessert und die Bälle besser zu sehen sind. [165]

  • In der Gesellschaft ist es akzeptiert, dass Frauen auch Tennis spielen, was zur Popularität beiträgt. Da auch „mixed“ gespielt wird, ist es eine Gelegenheit, Vertreter des anderen Geschlechts kennen zu lernen. Im Deutschen Kaiserreich spricht man in dem Zusammenhang von „Verlobungstennis“. [165]



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  • In Montreal findet vor 500 Zuschauern das erste Eishockeyspiel in einer Halle statt. In dem Bericht über dieses Spiel kommt es zur Ersterwähnung von einem Puck. William Fleet Robertson hat dem hüpfenden Gummiball einfach oben und unten ein Stück weggeschnitten. Organisiert von dem Studenten James Creighton. Regeln wurden ausgearbeitet, Schiedsrichter und Trikots eingeführt und es kommt zur Gründung des ersten Eishockeyclub der Welt. Teams bestehen aus 9 Spielern: 1 Torhüter, 2 Verteidiger, 2 Mittelfeldspieler, 4 Stürmer. Einige Regeln werden vom Rugby übernommen. [61]

  • Im Londoner Crystal Palace wird das erste reguläre Bandy-Match ausgetragen. [28]

  • Der französische Erfinder M. Huret meldet ein dreirädriges Fahrzeug zum Patent an, welches von Hunden in zwei Laufrädern angetrieben wird: Cynophère. 1906 sieht eine Weiterentwicklung einen Antrieb mit Pferden vor, deren Hufe in eine Pedalvorrichtung eingespannt werden. [71][B026]



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  • Die Bezeichnung „safety bicyclette“, „safety“ und „Sicherheitsfahrrad“ kommen auf. [107]

  • Die Cunningham Company importiert Hochräder aus England in die U.S.A.. Bald darauf startet die Pope Manufacturing Company of Hartford die Produktion von Hochrädern in den U.S.A.. [207, S. 152]

  • Harry John Lawson ist nicht groß genug, um ein Hochrad fahren zu können und entwickelt ein „umgekehrtes“ Hochrad, mit kleinem Vorderrad und großem Hinterrad. Er nennt das knapp 30kg schwere Gefährt „Safety“ und läßt sich die Bezeichnung schützen. Da der Fahrer zwischen den Rädern sitzt, hat es einen niedrigeren Schwerpunkt. Das Hinterrad wird über ein Gestänge angetrieben. [136]



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  • Renn-Hochräder wiegen weniger als 14kg. Sonst 16 bis 19kg. [58]

  • In England gibt es 9 Hochradhersteller, die 51 verschiedene Modelle anbieten. Die drei größten Anbieter stellen mit 400 Arbeitern 250 bis 280 Hochräder in der Woche her. [58]

  • Das von dem Briten James Starley entwickelte Dreirad „Starley Salvo“ besitzt wegweisende Technologien. Es hat zum ersten Mal Pedale und eine Kette. Das Differentialgetriebe, damit die Räder sich in Kurven unabhängig voneinander drehen können, ist wahrscheinlich das erste Differentialgetriebe in einem Fahrzeug, später in der Automobilindustrie standard.
    Da er seine Ideen anderen Ingenieuren freizügig überläßt, trägt das Salvo zum technologischen Fortschritt von Fahrrädern und Dreirädern bei.
    Das „Salvo“ wird nach Amerika, Europa, Asien und Australien exportiert. [522, S.20][B107]


  • Mitte der 1880er haben alle großen Fahrradhersteller Dreiräder im Programm. Sie sind sehr teuer, nur das reiche Bürgertum und der Adel kommen als Käufer in Frage. [567; Tricycle]



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  • Singer bietet als erstes hohes Sicherheitsrad das Xtraordinary an: Die Gabel ist geneigt, die Sitzposition nach hinten verlagert, was den Schwerpunkt in Richtung Hinterrad verschiebt. Damit überschlägt man sich nicht so leicht.[58] Aber ein einrädriges Fahren wird so erschwert.[42]
    Das Modell bleibt bis 1887 im Programm von Singer. Dieses Safety ist das teuerste auf dem Markt, wird wegen seiner Sicherheit geschätzt und wird ausdrücklich für Nachtfahrten empfohlen. [567]

  • Die Scientific American schreibt zum Hochrad:
    [...] „stets gesatteltes Pferd, das nichts frißt und keine Pflege braucht“
    und die Londoner Times:
    „Bisher war die Menschheit in zwei Gruppen aufgeteilt, die Reiter und die Fußgänger. Nun ist eine dritte Klasse hinzugekommen.“ [526, S.95]

  • Erste in größerer Serie gefertigte Rollenkette für Fahrräder. Der Lauf ist aufgrund der großen Teilung sehr unruhig. [117]

  • Die Italiener beginnen mit der militärischen Verwendung von Fahrrädern. [130]

  • Eine bevorzugte Rahmengeometrie hat sich noch nicht durchgesetzt, gut zu erkennen an der Konstruktion eines Sicherheitsfahrrades von Thomas Shergold aus Gloucester, England. [137][B027]

  • Der Österreicher Josef Erlach aus der Nähe von Villach erhält das Patent für sein Dreirad in Blechbauweise. Rahmen und Räder bestehen aus vernieteten und verschraubten Blechprofilen. Der Antrieb wird über ein Gestänge auf das Hinterrad übertragen. Die ergonomisch günstige Sitzposition zwischen den beiden Vorderrädern und Vollgummibereifung lassen es sehr modern aussehen. [567, Geschichte Tricycle 1878]

  • In Hannover wird der erste Deutsche Hockeyverein gegründet. [15]



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  • Das von dem Engländer Harry John Lawson entwickelte Bicyclette mit Kreuzrahmen ist eine Art Hochrad aber mit Kettenantrieb, was als revolutionär betrachtet wird und gilt als das erste Sicherheitsfahrrad und als Vorläufer des Fahrrades. [32] Es ist mit 7 Blattfedern ausgerüstet. [182][B028]

  • Der Engländer John Beale (Patent 25.2.1878) bringt das Hochrad Facile (leicht) auf den Markt. Ab 1881 übernimmt der Londoner Hersteller Ellis and Company die Produktion. Es hat eine Übersetzung mittels Trethebel und zwei Zahnräder. Da bei gleicher zu erreichender Geschwindigkeit das Vorderrad (42“) kleiner gestaltet werden kann, wird es auch als eine Art Sicherheitsfahrrad angesehen.
    Es wird in drei Varianten gefertigt:
    als günstiges Modell (Standard), Luxusausführung (Special) und als Rennausführung (Extra Special).
    Der Rennfahrer P.A. Nix legt im Oktober 1888 in 24 Stunden 297 Meilen damit zurück. [58][567][B185]
    Hier widersprechen sich die Quellen:
    In 24h 297 Meilen stammt von der Informationstafel am geared Facile im Coventry Transport Museum, U.K. 2009
    Auf der Homepage der Hochradfahrer in Österreich sind es in 24h 266,25 Meilen.
    Hier wird nur erwähnt, dass der Hersteller Ellis and Company damit werben würde. Eine exakte Quellenangabe wird nicht gemacht.

  • Beim ersten Radrennen in den U.S.A. in der Nähe von Boston nehmen 40 Hochradfahrer teil. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 13km/h. [35]

  • Bis nach 1890 werden in Hochrädern Doppelhohlgabeln verbaut. Diese sind leicht und doch stabil. [567, Geschichte Hochrad nach 1880]

  • Albert Pope erwirbt in den U.S.A. das Fahrrad-Patent von Lallement. [41]

  • Der deutsch-englische Erfinder Edouard Carl Friedrich Otto aus Peckham (England) erhält das englische Patent (U.S. Patent 1881) auf sein zweirädriges Otto Dicycle. Da die beiden großen Räder, die mit Tretkurbeln und Bändern angetrieben werden, nebeneinander liegen, kann es auf der Stelle wenden und nicht umkippen. Damit ist es eine Konkurenz zu den gängigen und gefährlicheren Hochrädern [132]. Frauen nutzen es eher, als Hochräder [231]. Die Firma Birmingham Small Arms Company fertigt rund 1000 Stück, die auch auf den deutschen Markt kommen. [132]



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  • Der Schweizer Hans Renold erhält ein englisches Patent für die Rollenkette. [117]

  • Am 31.5. findet in Newport, Rhode Island, dass erste nationale Treffen amerikanischer Radfahrer statt. [569]

  • Ein Hochrad kostet 400 Reichsmark, so viel, wie ein Arbeiter in einem Jahr verdient. Damit bleibt es ein elitäres Vergnügen. [294]
    Das widerspricht anderen Quellen, wird aber auch in weiteren Quellen bestätigt.
    Nach persönlicher Einschätzung würde ich dem für 1868 oder 1869 eher zustimmen.

  • Kurz nach der Fertigstellung seines Prototypen eines Einrades, fährt Scuri die 30km von Merate nach Mailand.
    Es folgen Touren von Merate nach Morbegnound (80km in 6 Stunden) und von Mailand nach Turin (200km in 10 Stunden). [595, S.23][465][B030]
    1881 meldet er sein Einrad zum Patent an.
    →1869, →1881